Zum Tod von Richard Triebe (BKK Niederbayern-Oberpfalz)
„Piccolo ma potente“ (klein, aber oho) sagt man in Italien zu einem Mann von seinem Format. Richard Triebe war nämlich von eher kleiner Statur, dafür aber wohl der Größte unter allen Mitgliedern des BBK. Allein der Titel „Dombaumeister“ erhebt ihn über die Reihe derer, die es im Verband zu hohem Ansehen gebracht hat. Allerdings: seine Herkunft aus Briesen/ Dux in Böhmen, wo er 1922 geboren wurde, ließ nicht erahnen, was später einmal aus ihm werden sollte. Erschwerend kam hinzu, dass er nach dem zweiten Weltkrieg erst einmal seine Eltern suchen musste. Er fand sie in dem von Flüchtlingen überfüllten Regensburg; ein Glück, denn hier fand er nach kurzer Zeit in der Dombauhütte eine Chance, die Lehre als Steinmetz zu beginnen. Und weil er sich als geschickt und fähig erwies, wurde er bereits 1952 zur Meisterprüfung zugelassen. Das Ergebnis dieser Prüfung muss so überzeugend gewesen, dass man ihm 1957 die Leitung der Dombauhütte übertrug. Eine Besonderheit ist dabei zu vermerken: er war der letzte freischaffende Dombaumeister. Er trug allerdings diesen Titel nicht vor sich her, er wohnte vielmehr bescheiden mit seiner Familie in dem kleinen Haus im Domgarten, das er erst nach dem Ende seiner 29 Jahre dauernden beruflichen Tätigkeit, im Jahre 1986, verließ.
Bei dem Gedanken an den Beruf des Steinmetzes vermutet man möglicherweise einen zupackenden, eher gröblichen Handwerker. Richard Triebe hat dagegen durch seinen Umgang mit dem historischen Kunstwerk des Domes den Zugang zur diffizilen Kunst und zur feinfühligen Gestaltung der Materie Stein und der Bronce gefunden – in dem „bloßen“ Handwerker entwickelte sich ein empfindsamer Künstler. Seine eigenen Werke vermitteln neben geistvoller Kreativität eben dieses Feingefühl für gestalterische Form. Man braucht sich ja nur einige seiner berühmten Werke in der Stadt Regensburg anzusehen – so etwa den so genannten Volksaltar und den Ambo im Dom oder die Stele für Dr. Johann Maier und die drei Märtyrer am Dachauplatz – um die Bedeutung seines künstlerischen Schaffens zu erfassen. Sein Stil ist geprägt von der geschlossenen Form, die eine differenzierte Binnengestaltung erfährt. Er komprimiert jeweils eine Idee und bringt sie damit auf den entscheidenden Punkt, das erzählerische Element folgt dann im Detail.
Gesagtes gilt auch für die vielen herausragenden Werke (einschließlich des graphischen Oeuvres) aus seiner Hand, die sich in der Stadt Regensburg und in der gesamten Oberpfalz befinden. Neben seinem „Brotberuf“ als Dombaumeister war Richard Triebe im Berufsverband Bildender Künstler Niederbayern/Oberpfalz seit 1951 Mitglied und er engagierte sich von 1969 bis 1986 als 2. Vorsitzender 17 Jahre lang für die Angelegenheiten des Verbandes. Ein Zeichen nicht zuletzt dafür, dass ihm die Kolleginnen und Kollegen immer wieder das Vertrauen geschenkt haben. Bei einem Menschen, der durch sein Werk und durch sein Engagement so in der Öffentlichkeit steht, kann es nicht ausbleiben, dass man ihn ehrt. So haben ihn die Stadt Regensburg und die Regierung der Oberpfalz jeweils mit dem Kulturpreis bedacht. Auch der Nordgautag überreichte ihm den Kulturpreis. Die Bedeutung seiner Person nahm man sogar auf Bundesebene wahr, so dass sich der Bundespräsident veranlasst sah, ihm das Bundesverdienstkreuz am Bande zu überreichen. Der BBK Niederbayern/ Oberpfalz hat ihm die Ehrenmitgliedschaft angetragen. Weitere Ehrungen sind die Gustav Albert Ehrenplakette, die Albert Stifter Medaille, die Große Ehrennadel des Bundesverbandes des deutschen Steinmetz- und Bildhauerhandwerks. Der Kunst- und Gewerbeverein Regensburg wollte ihm zuletzt das Goldene Ehrenblatt überreichen. Richard Triebe hatte die Einladung zur Überreichung bereits angenommen; doch ein Schwächeanfall hat dies nun verhindert. Richard Triebe war aber wegen seines hohen Ansehens nicht stolz geworden, er tauschte sich gern mit seinen Kolleginnen und Kollegen bei einem Glas Bier aus; sein Rat war unaufdringlich und sehr geschätzt, denn er wusste die Dinge in Ruhe abzuwägen.
Die Nachricht vom Tod Richard Triebes – er ist am 11. Juli 2012 gestorben – hat viele Menschen erschüttert – es waren wirklich viele! Das zeigte sich am Tag des feierlichen Abschieds. Zusammen mit dem Diözesanadministrator, dem derzeitigen Verwalter der Diözese Regensburg, versammelten sich unzählige Menschen im Dom, an Richards langjähriger Wirkungsstätte. Er war im Sarg vor seinem berühmten Altar aufgebahrt. Am Ende der Feier öffnete sich das Südportal, durch das der Sarg aus dem dunklen Dom in das gleissende Licht des Sommertages hinaus getragen wurde.
In diesem Moment konnte man an den Augen vieler Menschen ablesen, dass hier ein sehr bedeutender und geliebter Mensch für immer verabschiedet wurde; ein Mensch, der uns fehlen wird.
Paul Winkler (Im Bilde 04/2012 – BKK Bayern)